GRUNDWISSEN

Was versteht man unter der Frauenbewegung?
Die Frauenbewegung ist eine politische und soziale Bewegung, die sich für die Gleichberechtigung und Gleichstellung der Frau einsetzt. Sie umfasst Versuche und Initiativen von Frauen, ihre Interessen organisiert zu vertreten. Die Mitglieder der Frauenbewegung kämpfen gegen ihre Benachteiligung auf politischem, sozialem und wirtschaftlichem Gebiet. Zu dem Kampf um die Teilhabe an politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen kommt das Ziel, geschlechtsspezifische Rollenzuweisungen und Arbeitsteilung aufzuheben.
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Wann begann die Frauenbewegung?
Die erste neuzeitliche Frauenbewegung entstand Ende des 18. Jahrhundert in der Folge der Französischen Revolution in Westeuropa und in den USA. In Deutschland war sie in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts fest organisiert. Ihr Ziel war zunächst der Ausbau der höheren Bildung für Frauen, ihre Zulassung zum Universitätsstudium und zu akademischen Berufen. Frauen durften damals zum Beispiel nicht an Universitäten lehren. Die erste weibliche Professorin in Deutschland war Margarete Wrangel, die 1923 ordentliche Professorin wurde.
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Was hat die Frauenbewegung erreicht?
Die Einführung des Frauenwahlrechts (Finnland 1906, Norwegen 1913, Dänemark 1915, Sowjetunion 1917, Deutschland 1918, USA 1920, Schweden 1921, Großbritannien 1928, Frankreich 1946) erfüllte eine zentrale Forderung der Frauen und machte einen weiteren Kampf für viele gegenstandslos. Mit der Studentenbewegung in den 1960er Jahren erlebte die Frauenbewegung jedoch ein Revival. Die Frauen wollten sich aus gesellschaftlichen Zwängen und Rollenvorstellungen lösen. Ein Beispiel: Frauen durften damals nur arbeiten, wenn es ihr Ehemann erlaubte.
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Was ist die neue Frauenbewegung?
Ende der 1960er-Jahre bildete sich im Zusammenhang mit der Studentenbewegung und dem amerikanischen Feminismus die »neue Frauenbewegung«. Sie macht darauf aufmerksam, dass zwar in nahezu allen europäischen Staaten Frauen und Männer inzwischen dem Gesetz nach gleichgestellt sind, dass aber dennoch die Gleichberechtigung der Frauen in der Gesellschaft noch längst nicht erreicht ist. So sind zum Beispiel Frauen beruflich eher in untergeordneten Positionen und schlechter bezahlten Berufen tätig bzw. werden Frauen oft schlechter bezahlt als Männer in den gleichen Berufen.
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FRAUENWAHLRECHT IN DEUTSCHLAND

1918 wurde das Frauenwahlrecht in Deutschland eingeführt. Das erste Mal wählen konnten Frauen ab 20 Jahren bei der Wahl der Deutschen Nationalversammlung im Januar 1919. Außerdem traten 300 Frauen damals zur Wahl an – 37 (mit Nachrückerinnen 41) wurden gewählt. Damit waren 9 Prozent der Delegierten weiblich.
HINTERGRUNDWISSEN

Was sind Suffragetten?
Suffragetten nannte man radikale Mitglieder und Aktivistinnen der britischen Frauenbewegung vor 1914. Später nutzte man den Begriff, um abschätzig über Frauenrechtlerinnen zu sprechen.
Das Wort Suffragette kommt vom lateinischen »suffragium« und heißt Stimmrecht. Und das war es, was die Suffragetten für Frauen ab etwa 1903 laut eingeforderten. Um ihr Ziel zu erreichen, organisierten die Frauen Großdemonstrationen, Hungerstreiks oder auch Steuerboykott. An den britischen Suffragetten nahmen sich auch Frauen in den USA oder in Deutschland ein Beispiel.
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Was ist Feminismus?
Der Feminismus ist die Bezeichnung für die Frauenbewegung, besonders seit Ende der 1960er-Jahre, und die von ihr vertretene Theorie. Ziel des Feminismus ist die Abschaffung des Patriarchats und des Sexismus. Feministinnen kämpfen gegen die Unterdrückung der Frau. Den Vertreterinnen und Vertretern geht es um die Gleichberechtigung aller Geschlechter. Es gibt mehrere Wellen im Feminismus: Die erste in der französischen Revolution, die zweite ab den 1960er Jahren und die dritte Welle seit den 1990er Jahren.
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PLAYLIST
Wie hört sich die Frauenbewegung eigentlich an? In unserer Spotify-Playlist können Sie es nachhören: Songs von wunderbaren Frauen, die das Frausein feiern – Musik nicht nur für Frauen.
SCHLÜSSELFIGUREN DER FRAUENBEWEGUNG

Olympe de Gouges
Olympe de Gouges, Witwe und alleinerziehende Mutter aus Paris, kämpfte während der Französischen Revolution nicht nur für die Freiheit der Bürger, sondern für die Freiheit der Frauen. Ihr lockerer Lebenswandel und ihre zahlreichen Liebschaften machten es ihr schwer, in den Kreisen des höheren Bürgertums Fuß zu fassen. Und so musste sie auch als Theaterautorin um die Aufführung ihrer Stücke kämpfen. Denn immer wieder wählte sie die Gleichheit der Geschlechter als zentrales Thema. 1791 ergänzte sie die zwei Jahre zuvor deklarierten Menschenrechte um ihre Frauenrechtserklärung »Déclaration des droits de la femme et de la citoyenne«. Darin wurde unter anderem verlangt, dass Frauen in die Nationalversammlung aufgenommen werden und auch sonst den Männern gleichgestellt werden sollen.
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Louise Otto-Peters
Louise Otto-Peters trat schon Mitte des 19. Jahrhunderts mit journalistischen Beiträgen zur Arbeiter- und Frauenfrage hervor. 1849 rief sie die »Frauen-Zeitung« ins Leben. 1865 gründete sie gemeinsam mit Auguste Schmidt den »Allgemeinen Deutschen Frauenverein«, war dessen erste Vorsitzende und bis zu ihrem Tod Mitherausgeberin des Vereinsorgans »Neue Bahnen«. Neben sozialpolitischen Schriften (z. B. »Das Recht der Frauen auf Erwerb«, 1866) verfasste sie auch historische Romane, Novellen sowie Opernlibretti.
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Emmeline Pankhurst
Emmeline Pankhurst gründete 1903 die »Women’s Social and Political Union« (Abkürzung W. S. P. U.; deutsch Soziale und Politische Frauenunion), die bis 1914 radikalste Organisation der Frauenwahlrechtsbewegung (Suffragetten), die auf ihrem Höhepunkt etwa 260 000 Anhängerinnen hatte. Die Bewegung bediente sich auch militanter Mittel bis hin zu Anschlägen auf öffentliche Einrichtungen, um ihre Ziele zu erreichen. Pankhurst war häufig inhaftiert; ihre Töchter Christabel Harriette und Estelle Sylvia beteiligten sich an ihrer Arbeit. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 stellte Pankhurst ihre Aktionen ein und wandelte die Union in einen militärisch-nationalistischen Verband um. Nach Aufenthalten in den USA und Kanada wurde sie nach ihrer Rückkehr 1926 konservatives Unterhausmitglied. Sie schrieb »My own story« (1914; deutsch »Ein Leben für die Rechte der Frauen«).
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Simone de Beauvoir
Simone de Beauvoir war ursprünglich Lehrerin, seit 1943 freie Schriftstellerin. Sie ist eine der bekanntesten Intellektuellen Frankreichs. De Beauvoir gilt als eine der wichtigsten Theoretikerinnen der Frauenbewegung. Sie begriff die traditionell passive Rolle der Frau in der Gesellschaft als Produkt einer Entwicklung patriarchalischer Strukturen. Sie forderte, das zu ändern, um eine Selbstverwirklichung der Frau zu erzielen. (besonders in »Le deuxième sexe«, 2 Bände, 1949; deutsch »Das andere Geschlecht«).
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Judith Butler
Judith Butler ist Professorin an der University of California in Berkeley. Bekannt wurde sie mit ihrem 1990 erschienenen Buch »Gender Trouble. Feminism and the subversion of identity« (deutsch »Das Unbehagen der Geschlechter«). Butler beschreibt geschlechtliche Identität als ein durch gesellschaftliche Macht-/Diskurs-Effekte bedingtes Konzept, das aus dem Zusammenwirken von Sprache, Denken, Alltagspraxis und institutionellen Zwängen entsteht. Sie kritisiert, dass Personen aufgrund vorherrschender Geschlechternormen in klar voneinander abgegrenzte Kategorien (»Mann«, »Frau«) eingeteilt und als diesen naturhaft zugehörig betrachtet werden. Butler argumentiert hingegen dafür, das anatomische Geschlecht (sex), die Geschlechtsidentität (gender) und das sexuelle Begehren nicht mehr als auseinander folgend und voneinander abhängig anzusehen.
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Alice Schwarzer
Alice Schwarzer begann ihre journalistische Laufbahn 1968 als Reporterin bei der Satirezeitschrift »Pardon«, arbeitete 1969–74 als freie Korrespondentin in Paris und wurde dort ab 1970 in der Frauenbewegung aktiv. 1971 initiierte Schwarzer einen Artikel in der Zeitschrift »Stern«, in dem sich 400 Frauen öffentlich zu einer Abtreibung bekannten. Sie ist Gründerin und Herausgeberin der seit 1977 erscheinenden feministischen Zeitschrift »Emma«. Mit der »PorNo«-Kampagne trat sie gegen die Diskriminierung der Frauen durch Pornografie ein. 2007 gab sie einen Band mit Interviews heraus, die sie mit Simone de Beauvoir geführt hatte (»Simone de Beauvoir. Weggefährtinnen im Gespräch«), sowie eine kommentierte Textsammlung der Autorin (»Simone de Beauvoir. Ein Lesebuch mit Bildern«).
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Das Gleichberechtigungsgesetzes trat 1957 in Kraft Frauen durften ihr Vermögen in einer Ehe nun selbst verwalten. Und sie durften – wenn sie Haushalt und Familie nicht vernachlässigten – arbeiten gehen, ohne dass der Mann das Arbeitsverhältnis aufheben konnte. Außerdem wurde das eheliche Güterrecht geändert, und der Frau stand nun die Hälfte des in der Ehe erwirtschafteten Gewinns zu
QUIZ

Suffragetten, Feministinnen, Frauenrechtlerinnen – Wie gut kennen Sie sich in der Frauenbewegung aus und was wissen Sie über die Vertreterinnen? Testen Sie Ihr Wissen mit unserem Quiz.