Fundamentalismus der, -. Der Begriff Fundamentalismus hat erst in jüngster Zeit über die Grenzlinien seiner unterschiedlichen religiösen und nicht

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Geschichte

Das Wort Fundamentalismus tritt zuerst im Zusammenhang mit einer religiösen Schriftenreihe in Erscheinung, die in den Jahren 1910–15 unter dem Titel »The fundamentals« in den USA erschien. Sie trug den aufschlussreichen Untertitel »A testimony to truth« (»Ein Zeugnis der Wahrheit«). 1919 gründeten die protestantischen Christen, die die Reihe herausgegeben hatten, eine weltweit tätige Organisation, die »World's Christian Fundamentals Association«. Damit war die Bezeichnung für diese Art christliche Gläubigkeit geboren und hat sich für sie sowohl im allgemeinen wie im wissenschaftlichen

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Wesen und Erscheinungsformen

Fundamentalismus bedeutet die Handhabung bestimmter Erkenntnisansprüche als allem Zweifel entzogen und daher außerhalb jedes Dialogs angesiedelt. In seinen kämpferisch-politischen Formen wird das auf diese Weise immunisierte Fundament des Fundamentalismus als Legitimation für Vormachts- oder Herrschaftsansprüche gegenüber Abweichenden in Anspruch genommen. Dies schließt in der Regel die Bereitschaft zur Verweigerung von Menschenrechten und demokratischen Entscheidungsregeln ein.

Da die moderne Politik vielfach durch Offenheit und Pluralismus gekennzeichnet ist, bedeutet Fundamentalismus die antimoderne Rückkehr des Absoluten in die Politik. Die geschlossenen Glaubenssysteme fundamentalistischer

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Erklärungsansätze

Erklärungsansätze für das Aufkommen und die Verbreitungschancen von religiösem oder nicht religiösem politischen Fundamentalismus können auf individualpsychologischer, soziologischer, politikwissenschaftlicher und kulturphilosophischer oder sogar anthropologischer Ebene ansetzen. Wenn Fundamentalismus als die Zuflucht zu willkürlich immunisierten absoluten Gewissheiten unter der modernen Bedingung prinzipieller Ungewissheit

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Wirkungen und Diskussionen in der Gegenwart

Mit dem Unglaubwürdigwerden des europäischen Fortschrittsoptimismus und dem Erwachen des ökologischen Bewusstseins von der Zerstörbarkeit der natürlichen Lebensgrundlagen durch unkontrollierte Technikentfaltung setzte v. a. in der islamischen, jüdischen und christlichen Welt zu Beginn der 1970er-Jahre eine Welle des Fundamentalismus ein (Gilles Kepel, *1955). In den 1990er-Jahren erlangten fundamentalistische Bewegungen und Parteien in islamischen Ländern die Macht (Afghanistan), griffen nach ihr (Algerien) oder versuchten dieses (Ägypten). Überrascht hat selbst kundige Beobachter der machtvolle Aufschwung eines kulturell und politisch organisierten Hindu-Fundamentalismus in der

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Literatur

M. Riesebrodt: Fundamentalismus als patriarchalische Protestbewegung. Amerikanische Protestanten (1910–28) u. iranische Schiiten (1961–79) im Vergleich (1990);
I. Broer u. a.: Offenbarungsanspruch u. fundamentalistische Versuchung (1991);
The fundamentalism project, hg. v. M. E. Marty u. R. S. Appleby, 5 Bde.
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Quellenangabe
Brockhaus, Fundamentalismus. http://brockhaus.at/ecs/enzy/article/fundamentalismus