Vergangenheitsbewältigung, Begriff der politisch-sozialen Sprache, mit dem – zunächst aus der Perspektive der »alten« Bundesrepublik Deutschland – der Bezug thematisiert wurde, den die Verbrechen der nationalsozialistischen Herrschaft für das Selbstverständnis und die politische Kultur der deutschen Gesellschaft nach 1945 im Ganzen, aber auch im Hinblick auf individuelle Schuld und Lebensführung haben. Für die Bevölkerung, die Gesellschaft und ihre Institutionen, insbesondere Politik, Bildungssystem und Justiz, wurde damit die Frage nach Schuld und Verantwortung für die Vernichtung der europäischen Juden

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Vergangenheitsbewältigung als Medium politischer Kultur

Auch in anderen Gesellschaften spielen die dem Begriff Vergangenheitsbewältigung zugrunde liegende Denkfigur (ein Kollektiv und die ihm zugehörigen Individuen sehen sich einer teils im Namen dieses Kollektivs, teils von Einzelnen begangenen Schuld gegenüber, die Sühne beziehungsweise Anerkenntnis fordert) sowie die historische Erfahrung, dass ein Rechtssystem als Nachfolger

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Begriffsgeschichte

Begriffsgeschichtlich hat der Terminus Vergangenheitsbewältigung seinen Ort zunächst in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Er thematisiert hier den von unterschiedlichen Repräsentanten des öffentlichen Lebens vertretenen Anspruch, sich mit den Verbrechen in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft auseinander zu setzen. Der Begriff wurde wohl von H. Heimpel geprägt und fand im Laufe der 1950er-Jahre bei anderen Historikern (Hermann Mau, * 1913, † 1952; H. Rothfels), besonders aber durch Äußerungen des Bundespräsidenten T. Heuss breite Aufmerksamkeit. Dabei war der Begriff zum einen gegen das Vergessen des nationalsozialistischen Unrechts gerichtet

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Vergangenheitsbewältigung in der jüngeren deutschen Geschichte

In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat die Konzeption der Vergangenheitsbewältigung unterschiedliche Konjunkturen und Akzente erfahren, sodass sich die oben angesprochene Bilanz der Vergangenheitsbewältigung erst vor dem Hintergrund der zurückliegenden Jahrzehnte rechtfertigen lässt und durchaus – sowohl aus der Sicht von Verdrängern als auch von Kritikern dieser Verdrängung – auch als Ergebnis nicht intendierter Prozesse und Impulse gesehen werden muss. Während zunächst die Alliierten deutliche und harte Maßnahmen zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen und zur Bestrafung von Tätern auf den Weg brachten

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Politische Bildung und politische Kultur

Neben der Frage der Verfolgung von Verbrechen, der Aufarbeitung von Schuld und der Entschädigung von Opfern wurde der unter Vergangenheitsbewältigung angesprochene Umgang mit den Verbrechen des Nationalsozialismus seit Bestehen der Bundesrepublik auch unter den Aspekten der politischen Kulturforschung und unter der Perspektive der politischen Bildung gesehen, ja Letztere entwickelte sich in weiten Teilen geradezu aus der mit der Aufarbeitung der Vergangenheit sich ergebenden Aufgabenstellung, die Adorno als »Aufklärung über das Geschehene« und als »Wendung auf das Subjekt, als Verstärkung von

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Literatur

M. Rychner: Vergangenheit bewältigen. Gespräch über ein Schlagwort unserer Zeit, in:

Merkur, Jahrgang 15 (1961), H. 10;
K. Jaspers: Lebensfragen der deutschen Politik (1963);
P. Steinbach: Nationalsozialistische Gewaltverbrechen. Die Diskussion in der deutschen Öffentlichkeit nach 1945 (1981);
P. v. Kielmannsegg: Lange Schatten. Vom Umgang der Deutschen mit der nationalsozialistischen Vergangenheit
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Quellenangabe
Brockhaus, Vergangenheitsbewältigung. http://brockhaus.at/ecs/enzy/article/vergangenheitsbewältigung