Zeit [althochdeutsch zīt, eigentlich »Abgeteiltes«], das im menschlichen Bewusstsein unterschiedlich erlebte Vergehen von Gegenwart; die nicht umkehrbare, nicht wiederholbare Abfolge des Geschehens, die als Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft am Entstehen und Vergehen der Dinge

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Philosophische Überlegungen zur Natur der Zeit

Die ältesten philosophischen Überlegungen zur Natur der Zeit gehen auf die vorsokratische Philosophie zurück. In der eleatischen Schule des Parmenides (5. Jahrhundert v. Chr.) wurde versucht zu zeigen, dass nur das Seiende real, die Vergänglichkeit und der Wandel der Erscheinungen jedoch eine Illusion der Sinne ist: »Die wahre Welt ruht unbeweglich und zeitlos, sie ist ohne Anfang und Ende.« Heraklit von Ephesos hingegen betrachtete das Werden, den Fluss der Phänomene, als primär: »Wer in denselben Fluss steigt, dem fließt anderes und wiederum

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Zeit in der klassischen Mechanik

In der Neuzeit entspann sich die Debatte v. a. um den ontologischen Status, das heißt die Existenzweise der Zeit. Nach I. Newton ist die Zeit eine starre universelle Größe, die unabhängig von allem physikalischen Geschehen existiert: »Die absolute, wahre und mathematische Zeit fließt an sich und vermöge ihrer Natur gleichförmig und

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Zeit in der Relativitätstheorie

Die spezielle Relativitätstheorie besagt, dass die Zeitkoordinate beim Übergang von einem Inertialsystem zu einem anderen transformiert wird. An die Stelle einer in allen Systemen gleichen (absoluten) Zeit treten jeweils unterschiedliche spezielle Systemzeiten: Jedes physikalische System, das sich relativ zu einem anderen bewegt, hat seine eigene Zeit. Der Gang der Uhren in verschiedenen Bezugssystemen wird durch die Lorentz-Transformation umgerechnet. Es lässt sich somit immer exakt angeben, wie

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Anfang und Ende der Zeit

In den kosmologischen Modellen der allgemeinen Relativitätstheorie (A. A. Friedmann 1922, 1924) ist aufgrund der Homogenität und Isotropie der Materieverteilung eine Raumzeit ausgezeichnet, in der eine vom Raum unabhängige eindeutige Zeitkoordinate definiert ist. Diese kosmische Zeit ist jene Zeit, die von einem im expandierenden Raum ruhenden Beobachter auf seiner Uhr abgelesen wird. Diesen komobilen (mitbewegten) Beobachter kann man sich in einem Raumbereich weit entfernt von einzelnen Galaxien befindlich

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Zeitpfeile

Eine der zentralen Eigenschaften der Zeit ist, dass sie – anders als der Raum – eine ausgezeichnete Richtung besitzt. Wir erinnern uns nur an vergangene Ereignisse, die Entwicklung der Lebewesen weist ontogenetisch und phylogenetisch eine typische Einsinnigkeit auf, zerstörte Strukturen regenerieren sich nicht spontan, die Expansion des Raums trennt die Galaxien. Diese Anisotropie der Zeit, metaphorisch auch »Zeitpfeil« genannt, lässt sich durch die Naturgesetze derzeit nicht erklären.

Die Zeitrichtung kommt in den Grundgleichungen der Mechanik, Elektrodynamik, Quantenmechanik und Relativitätstheorie nicht vor, da

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Zeit in den Religionen

In den Religionen sind Bild und Begriff der Zeit stark vom religiösen Erleben des Menschen geprägt. Wie der kultischen Zwecken vorbehaltene heilige Raum aus dem Profanbereich ausgesondert ist, so ist auch die heilige Zeit nur als Abschnitt, als Einbruch heiliger Wirklichkeit im Kontinuum des Alltäglichen erlebbar. An die Wiederkehr und doch immer neue Gegenwart des Heiligen zu verschiedenen Zeitpunkten erinnert das kultische Fest, das zugleich die Rückkehr zur ursprünglich heiligen Urzeit

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Zeit und Bewusstsein

Schwankungen in der Zeiterfahrung (Dehnung, Raffung, Modifizierung durch bestimmte Gefühlslagen wie Sorge, Freude, Trauer) finden sich bereits im normalen Alltagsbewusstsein; je nach Rahmenbedingungen, individuellen Voraussetzungen und Situationen werden Zeitverläufe als lang- oder kurzweilig empfunden, intensiv oder oberflächlich wahrgenommen. Im Besonderen werden Zeitsinn und Zeiterleben des Menschen in der experimentellen Psychologie untersucht. Danach hängt die Einschätzung der Länge eines Zeitraums wesentlich von Erwartungen, Aufmerksamkeit und Motivation ab und wird durch weitere Faktoren wie Umwelt- und Situationseinflüsse, Alter, Krankheit, psychische Dispositionen wie

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Soziale Zeit

Die Sozialwissenschaften untersuchen den Zeitgebrauch von Gesellschaften und die ihn bestimmenden kulturellen, gruppenspezifischen, historischen und individuellen Faktoren. Beachtung finden sozioökonomische Aspekte (z. B. gesellschaftliche Organisation von Zeit, wirtschaftliche Bedeutung und Bewertung von Zeit, das Verhältnis von Arbeits- und Freizeit, individuelle, gruppen- und schichtenspezifische Zeitbudgets, Lebensverlaufsforschung, »temporale Strukturen« im Alltagshandeln), im engeren Sinn auch volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Fragen (z. B. Konjunktur- und Produktionszyklen, Zeitaufwendung in Arbeitsabläufen und deren Minimierung) sowie gesellschaftsvergleichende Forschungen zum Zeitbewusstsein. Auf der mikrosoziologischen Ebene stehen die Bedeutung der

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Werke

Weiterführende Literatur:

Philosophie und Kulturwissenschaften:
W. Lepenies: Das Ende der Naturgeschichte. Wandel kultureller Selbstverständlichkeiten in den Wissenschaften des 18. u. 19. Jahrhunderts (1978);
W. Bergmann: Die Zeitstrukturen sozialer Systeme (1981);
Augenblick u. Zeitpunkt. Studien zur Zeitstruktur u. Zeitmetaphorik in Kunst u. Wissenschaft, hg. v. C. W. Thomsen (1984);
G. Schmied: Soziale Zeit (1985);
R. Wendorff: Zeit und Kultur. Geschichte des Zeitbewusstseins in Europa (31985);
Im Netz der Zeit, hg. v. R. Wendorff (1989);
F.-W. v. Herrmann: Augustinus u.
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Quellenangabe
Brockhaus, Zeit. http://brockhaus.at/ecs/enzy/article/zeit